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Hofe

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Krankenhauskeim MRSA gehört. Sämtliche Mäuse, die im

Labor mit MRSA infiziert worden waren, überlebten nach

einer Injektion Teixobactin.

Andere Forscher waren mit Naturstoffen soeben erfolg-

reich. Ärgert Sie so etwas?

„Keineswegs! Wenn es stimmt, was man hört, landeten die

Kollegen einen ‚lucky punch‘. Es ist schon etwas Besonde-

res, einen Bakterienstamm zu finden, der einen Wirkstoff

produziert, der wiederum direkt als Medikament eingesetzt

werden kann. Normalerweise liegt dazwischen langwierige

und damit kostspielige Laborarbeit. Trotzdem: Von den

Mäusen bis zum Menschen ist es auch für Teixobactin noch

ein weiter Weg.“

Unabhängig von neuen Wirkstoffen gibt es für eine

Gesellschaft ja noch weitere Formen, auf zunehmend

resistente Bakterien zu reagieren: Krankenhaushygiene,

generelle Verschreibungssorgfalt ...

„Dass wir es vermehrt mit Infektionen zu tun haben, die

wir nicht mehr in den Griff bekommen, liegt daran, dass

wir nicht genug Medikamente haben. Bakterien werden

immer wieder neue Resistenzen herausbilden, das liegt in

ihrer Natur. Umso wichtiger ist es, dass wir dranbleiben.

Eine globalisierte Welt muss fortwährend an innovativen

Wirkstoffen gegen Infektionskrankheiten forschen. Multire-

sistente Bakterien erreichen uns im Moment beispielsweise

aus Indien. Wir können sie aber nicht aufhalten. Interna-

tional rückt einfach alles zusammen, das gilt auch für die

Keime.“

Welche neuen Antibiotika brauchen wir konkret?

„Da gibt es unterschiedliche Meinungen. Bei AiCuris setzen

wir auf Breitband-Antibiotika. Sie sollen möglichst viele

Bakterien und viele Resistenzen erfassen, das ist unser

ausgemachtes Ziel. Gleichzeitig gibt es aber auch nennens-

werte Befürworter von Schmalspektrum-Antibiotika, die

spezifisch einem Keim gelten. In Hinblick auf die vorsorg-

liche Eindämmung neuer Resistenzen wären sie auch das

Ideale. Nur: Die Diagnostik ist bei weitem nicht so schnell

und leistungsstark, dass sie wesentliche Fragen – quasi am

Klinikbett – klären könnte: Haben wir es mit Gram-positiven

oder Gram-negativen Bakterien zu tun? Welche Spezies ist

es genau, welche Resistenzen trägt sie? Um derart gezielt

mit Antibiotika arbeiten zu können, müsste sich die Diag-

nostik enorm weiterentwickeln. Einige Firmen arbeiten

daran, aber bis die neuen Verfahren zugelassen zur Verfü-

gung stehen, sich im Klinikalltag bewähren und auszahlen,

wird es noch viele Jahre dauern.“

Neuentwicklungen aus der Medizinwelt brauchen

generell unglaublich lange, bis sie auf den Markt kom-

men. In einer dynamischen Zeit wie der unseren wirkt das

wie herausgefallen. Wo liegen die Ursachen?

„Die klinische Prüfung und Zulassung kosten nicht nur un-

geheuer viel Geld, sondern auch ebenso viel Zeit. Was wir

im Zuge besagter IMI-Initiative aber deutlich spüren, ist ein

neuer Unterstützungswille bei den Behörden. Wo wir früher,

zu Bayer-Zeiten, Studien mit bis zu 10.000 Patienten an-

führen mussten, reichen bei resistenzbrechenden Substan-

zen heute einige hundert; selbstverständlich nur, wenn die

Datenlage eindeutig ist. Daran sehen Sie, es tut sich auch

in der Bakteriologie etwas.“

Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff, Gründerin von AiCuris

und bisherige Geschäftsführerin, wechselte im Frühjahr

2015 in den Beirat der Gesellschaft. Das Wuppertaler Bio-

tech-Unternehmen entstand 2006 als Bayer-Ausgründung.

Es erforscht und entwickelt mit seinen rund 60 Mitarbei-

tern neue Medikamente gegen bakterielle und virale In-

fektionskrankheiten. Neben zwei Aufsichtsratspositionen,

die die Professorin für Biochemie und Virologie (Universi-

tät Frankfurt) bei deutschen Pharma- und Biotech-Unter-

nehmen angenommen hat, will sie in Strategie und

Business Development weiter für AiCuris tätig sein.