Tierwohl_Gespräch - page 2

den. Die Gründung der Trägergesellschaft ist
bereits erfolgt. Weitestgehend fertiggestellt
ist die konkrete technische Beschreibung der
Kriterien. Das ist wichtig für die Schweine-
halter, damit sie wissen, worauf sie sich ein-
lassen. Auch die Auditoren müssen genau
wissen, was zu prüfen ist.
Wer ist Träger der Initiative?
Nienhoff:
An der Trägergesellschaft zur För-
derung des Tierwohls in der Nutztierhaltung
sind dieselben Organisationen beteiligt wie
an der QS Qualität und Sicherheit GmbH.
Das sind der Deutsche Raiffeisenverband,
der Deutsche Bauernverband, der Verband
der Fleischwirtschaft, der Bundesverband
der Deutschen Fleischwarenindustrie und
die Handelsvereinigung für Marktwirtschaft.
Die Trägergesellschaft wird einen Fach-, ei-
nen Finanz- und einen Sanktionsausschuss
haben. Diese Gremien sindmit Experten der
Wirtschaftskreise besetzt und sorgen für die
praktikableWeiterentwicklung der Initiative.
Welche Einzelhandelsketten sind mit im
Boot?
Nienhoff:
Zur Teilnahme verpflichtet haben
sich die Discounter Aldi Süd und Aldi Nord
sowie Lidl, die Edeka-Gruppe als Zentrale
mit sechs der sieben Regionalgesellschaften
sowie mit Netto, außerdemKaiser’s Tengel-
mann, Kaufland und die Rewe einschließlich
Penny. Ich gehe auch von der Teilnahme der
Metro-Tochter Real aus. Damit wird die Ini­
tiative etwa 85 % des deutschen Fleisch-
und Wurstwarenmarktes im Einzelhandel
abdecken.
Wieviel Geld wird für die Umsetzung der
Tierwohlanforderungen in der Landwirt­
schaft zur Verfügung stehen?
Nienhoff:
Die teilnehmenden Einzelhan-
delsunternehmen verpflichten sich, einen
Tierwohlbeitrag von 4 Cent pro kg Schwei-
nefleisch und Wurstwaren mit Schweine-
fleischanteil, die sie verkaufen, an die Clea-
ringstelle zu zahlen. Diese Verpflichtung gilt
zunächst für drei Jahre. Ein unabhängiger
Wirtschaftsprüfer hat anhand der Verkaufs-
zahlen der vergangenen Jahre ermittelt, dass
somit voraussichtlich etwa 65 Mio. € jähr-
lich zur Verfügung stehen werden, insge-
samt also 195 Mio. €. Für die weitere Zu-
kunft muss sichergestellt werden, dass aus-
reichend Geld zur Verfügung steht, um tat-
sächlich die gewünschte Umstellung in der
Breite zu erreichen.
Wie kommt der Bonus zu den Landwirten?
Nienhoff:
Auf direktemWeg über die Clearing-
stelle. Es wird kein Vermarkter dazwischen
geschaltet sein. Das war uns sehr wichtig,
damit die Finanzierung transparent, glaub-
würdig und unabhängig vomMarktpreis ist.
Die Clearingstelle überweist den individuel-
len Tierwohlzuschuss für die Anzahl der Tie-
re, die von den Schlachtbetrieben für diesen
Erzeuger gemeldet werden, beziehungsweise
für die quartalsweise der Clearingstelle ge-
meldeten Ferkelzahlen.
Die Kriterien für Sauenhaltung, Ferkel­
aufzucht und Schweinemast sind seit
längerem bekannt. Wie kann ein Erzeuger
nun konkret teilnehmen?
Nienhoff:
Der Zugang steht jedem Tierhal-
ter offen, der die Mindestanforderungen
aus dem Kriterienkatalog erfüllt. Dazu ge-
hört auch eine zertifizierte Qualitätssiche-
rung wie QS oder ein vergleichbares System.
Zur Teilnahme schließt er mit seinemBünd-
ler für die Laufzeit von drei Jahren eine Teil-
nahmeerklärung ab. Mit der Erklärung legt
der Landwirt fest, welchen Satz von Krite-
rien er anwendenwird. Zudemgibt der Sau-
enhalter an, wie viele Ferkel er pro Jahr der
Teilnahme voraussichtlich absetzen wird.
Der Ferkelaufzuchtbetrieb gibt an, wie vie-
le Ferkel er an Schweinemastbetriebe ver-
marktenwird und der Mäster die Zahl der zu
schlachtenden Tiere. Die Plausibilität dieser
Angaben wird überprüft.
Warummuss ein Betrieb seine Produk­
tionszahlen im Voraus anzeigen?
Nienhoff:
Der betriebsspezifische Tierwohl-
zuschuss ergibt sich aus den kalkulierten
Produktionszahlen sowie dem gewählten
und zertifizierten Kriteriensatz. Die tatsäch-
lichen Produktionszahlen werden nachge-
meldet beziehungsweise bei Schlachtschwei-
nen der Clearingstelle vom Schlachtbetrieb
direkt gemeldet. Die Anmeldungen der Tier-
halter zur Initiative werden in der Reihen-
folge bearbeitet, in der sie eingehen. Sollten
sich sehr viele Schweinehalter bereits zu An-
fang für die Teilnahme entscheiden, können
nur so viele Ferkel und Schlachtschweine zu
der Initiative zugelassenwerden, wie für sie
aus demFonds an Tierwohlbeiträgen bezahlt
werden können.
Sind Anpassungen der Tierzahlen und
der Wahlkriterien möglich?
Nienhoff:
Ein Erzeugerbetrieb verpflich-
tet sich immer mit seiner gesamten voraus-
sichtlichen Produktion zur Teilnahme. Eine
Anmeldung einzelner Ställe ist nicht mög-
lich. Die zertifizierten Wahlpflichtkriterien
können nur in Ausnahmefällenwährend der
Zertifikatlaufzeit und höchstens einmal pro
Jahr angepasst werden. Eine Änderung löst
ein erneutes Audit aus.
Wie wird die Einhaltung der Kriterien
kontrolliert?
N
zufrieden
QS-Geschäftsführer Dr. Hermann-Josef Nienhoff freut sich im Gespräch mit agrarma-
nager-Redakteur Norbert Lehmann über die erfolgreiche Unterzeichnung der Branchenvereinba-
rung für mehr Tierwohl in der Ferkel- und Schweinehaltung.
August 2014
agrarmanager
41
1 3
Powered by FlippingBook