Zum
Hofe
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„In dem eigenen Selbstbild
schwimmt tatsächlich viel
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nschtes mit.“
Fleisch. Und tatsächlich eröffnet sich hier ein besonders wi-
dersprüchliches Betrachtungsfeld: So trifft das medial all-
gegenwärtige Bio-Thema ziemlich hart auf das
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Dann, wenn es seine Zahlen zur Fleischtheke publiziert:
Deutsche Verbraucher kaufen Bio-Fleisch in homöopathi-
schen Dosen. Nur drei Prozent der Hühner und ein Prozent
der Schweine stammten 2013 aus deutschen Bio-Betrieben.
Gleichzeitig jedoch kommt keine hippe Limonade und
keine angesagte Lifestyle-Zeitschrift ohne Bio-Segen aus.
Leben wir in einer elitären Traumwelt? „In dem eigenen
Selbstbild schwimmt tatsächlich viel Gewünschtes mit“, be-
stätigt der Psychologe. „Aber: Wünsche beeinflussen Men-
schen.“ Und sie werden über Medien immer weiter
transportiert. Nicht umsonst beauftragte die Verlagswelt
den Rheingold Salon damit, Ernährungstypen und Ernäh-
rungstrends zu erforschen. „Brigitte“, „Essen & Trinken“
ebenso wie die „Lebensmittel Zeitung“.
Wenn die versammelte Verlagswelt derzeit einen ertragrei-
chen – eher weiblichen – Thementrend auszumachen weiß,
dann ist es die vegane und vegetarische Küche. 2013 er-
schienen 74 neue Kochbücher über sie, 2010 waren es
ganze sieben. Gleichzeitig tummeln sich fleischige Zeit-
schriften am hippen Großstadtkiosk. Sie heißen: „Beef“,
„Der Griller“ oder auch „Meet & Eat like a man“. Die „Süd-
deutsche Zeitung“ schreibt über die neuen Magazin-Kolle-
gen: „In Beef und Meet geht es um rohes und gebratenes
Fleisch, von Wagyurindern, Fröschen, Insekten und die in
der Männerküche unerlässlichen Begleiter wie Single Malt
Whisk(e)y, Profimesser, Fachliteratur. Die Zielgruppe der
Hefte ist ähnlich: Männer zwischen 25 und 45 Jahren, Gut-
verdiener, klar.“ Ernährungstypen kommen anscheinend
auch nicht um die Geschlechterfrage herum. Und ein Trend
nicht um einen anderen.
VIER VON INSGESAMT ZEHN ERNÄHRUNGS-
TYPEN VERMEHREN SICH GEGENWÄRTIG:
FOOD POSER
verstehen sich als moderne Menschen –
stets im Zentrum des aktuellen Lifestyles. Sie essen ei-
gentlich nicht, sondern inszenieren Essen und mögen stil-
volle Arrangements. Food Poser gehen gerne gut und
exquisit essen, während die eigene Design-Küche häufig
kalt bleibt.
TRADITIONALISTEN
sind bodenständig und familiär. Ent-
sprechend lieben sie herzhafte Hausmannskost. Traditiona-
listen machen sich wenig aus Trends, sondern orientieren
sich an Bewährtem. So sind sie beispielsweise Profis in
der Zubereitung des klassischen Sonntagsbratens.
PHYSIOLOGEN
interessieren sich für die Vorgänge inner-
halb des Körpers und gehen der Frage nach, was Inhalts-
stoffe von Lebensmitteln bewirken. Für sie ist Ernährung
eine mikrobiologische Angelegenheit. Sie achten auf ab-
wechslungsreiche, vollwertige Ernährung und wollen ihren
Körper maximal aufbauen und stärken.
NATURISTEN
mögen das Ursprüngliche, ziehen Energie
aus dessen Kraft und suchen bodenständigen Genuss, am
liebsten in geselliger Runde. Bei selbst gemachten Produk-
ten kommen Naturisten ins Schwärmen. Sie vertrauen
einer sandigen Kartoffel vom Wochenmarkt mehr als einer
gewaschenen aus dem Supermarkt.