Landwirtschaftliches Wochenblatt - Sonderdruck Salmonellen - page 3

Ein Beitrag aus der Wochenblatt-Folge 13/2014
3
Sonderdruck
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32 / 2014
TIER
Landwirtschaftliches Wochenblatt
Dr. Theodor
Schulze-Horsel
vom Schweine-
gesundheits-
dienst der
Landwirtschafts-
kammer NRW
Wochenblatt:
Warum beschäftigen
sich die Schweinehalter, ihre Tierärz-
te und Fachberater eigentlich seit
Jahren so ausführlich mit dem Thema
Salmonellen? Die Tiere haben doch
kaum Probleme mit dem Erreger ...
Schulze-Horsel:
Sie haben recht –
aber nur zum Teil: Bei Schweinen
führen Salmonelleninfektionen in
der Tat nur selten zu Erkrankun-
gen. Die meisten Infektionen lau-
fen symptomlos ab. Die Tiere blei-
ben jedoch lange Zeit danach la-
tent infiziert und scheiden nach
Belastung erneut Salmonellen mit
dem Kot aus. Dadurch können sie
andere Schweine und unter Um-
ständen auch denMenschen direkt
infizieren sowie über die Schlach-
tung unerkannt Salmonellen in die
Lebensmittelkette eintragen.
Und das ist der entscheidende
Punkt: Als im Jahr 2003 das Salmo-
nellenmonitoring im QS-System
etabliert wurde, war Salmonellose
diewichtigste lebensmittelbeding-
te Magen-Darm-Infektion beim
Menschen mit unzähligen Erkran-
kungs- und auch Todesfällen.
Wochenblatt:
Wie kommt das?
Schulze-Horsel:
Wenn Salmonellen-
probleme beim Menschen auftre-
ten, haben diese ihre Ursache in
der Regel im Verzehr nicht ausrei-
chend erhitzter Lebensmittel tieri-
schen Ursprungs. Dabei steht
Schweinefleisch an zweiter Stelle
hinter Geflügel. Eine wichtige Rol-
le spielt auch die Küchenhygiene:
So macht das möglicherweise
salmonellenbelastete Rohfleisch
nach demBraten oder Kochen kei-
ne Probleme. Die Salmonellen
können aber beim unüberlegten
Hin undHer während der Zuberei-
tung in der Küche den Salat konta-
miniert haben – und der wird an-
schließend nicht erhitzt.
Die systematische Salmonellenbe-
kämpfung zeigt aberWirkung. Von
2003 bis heute hat sich die absolu-
te Zahl der menschlichen Infekti-
onen pro Jahr so deutlich redu-
ziert, dass Salmonellen in der
Humanmedizin heute in der Be-
deutung hinter den Camphylo-
bakter-Infektionen auf den zweiten
Platz zurückgefallen sind. Diese
Verbesserung ist ein Erfolg der Vor-
beuge- und Hygiene-Maßnahmen
in der gesamten Produktionskette
beim Geflügel wie auch in der
Schweineproduktion. Besonders
hervorzuheben sind Hygienemaß-
nahmen bei der Schlachtung, die
eine Kontamination der Schlacht-
körper während des Schlachtpro-
zesses verhindern helfen.
Wochenblatt:
Wie funktioniert das
Salmonellenmonitoring in der Praxis?
Schulze-Horsel:
Die Bundesregie-
rung hat 2007 die Schweinesalmo-
nellenverordnung in Kraft gesetzt.
Dabei wurde das QS-Salmonellen-
monitoring quasi 1 : 1 ins Gesetz
übernommen. Seither muss jeder
Landwirt, der mehr als 50 Schwei-
ne mästet, seine Tiere nach einem
definierten Probenschlüssel stich-
probenweise auf Antikörper gegen
Salmonellen untersuchen lassen.
In der Regel erfolgt das mithilfe
von
Fleischsaftproben
am
Schlachthof, deren Ergebnisse in
einer speziellen Salmonellen-Da-
tenbank dokumentiert werden.
Die Betriebe werden dann auf-
grund ihrer Probenergebnisse in
drei Kategorien eingestuft:
Kategorie I:
0–20%positive Pro-
ben
Kategorie II:
20–40 % positive
Proben
Kategorie III:
mehr als 40 % po-
sitive Proben.
Kategorie-III-Betriebe müssen ih-
ren Status beim Veterinäramt an-
zeigen und einen Sanierungsplan
vorlegen. Sie müssen laut Gesetz
Maßnahmen zur Ermittlung der
Eintragsquellen und zur Redukti-
on des Erregerdruckes ergreifen.
Dabei sind bakteriologische Unter-
suchungen zu veranlassen. Um
den Erregerdruck zu senken, wer-
den Reinigungs- und Desinfekti-
onsmaßnahmen sowie eine Schad-
nagerbekämpfung vorgeschrieben.
Aufzeichnungen wie Besuchspro-
tokolle vom Tierarzt, Untersu-
chungsergebnisse usw. sind drei
Jahre lang aufzubewahren.
Die in der EU-Richtlinie vorgese-
hene Untersuchungspflicht für
Zuchtsauenbestände wurde dage-
gen bislang nicht umgesetzt.
Wochenblatt:
Trotz aller Bemühungen
hört man aus der Praxis, dass der
Salmonellendruck zuletzt wieder ge-
stiegen ist (siehe Übersicht). Was ist
da los?
Schulze-Horsel:
In NRW ging die
Zahl der Kategorie-III-Betriebe von
2003 bis 2012 langsam, aber stetig
zurück. Das NRW-Niveau lag zu-
dem leicht unter dem Bundes-
schnitt. Dann kam es von Ende
2012 bis Ende 2013 zu einemdeut-
lichen Anstieg der Kategorie-II-
und III-Betriebe. Dieser Trend war
bundesweit zu beobachten, wobei
es ein starkes Nord-Süd-Gefälle
gab: Während der höchste Anstieg
in Schleswig-Holstein zu beobach-
ten war, blieb der Wert in Bayern
nahezu unverändert. Erklärungs-
versuche dazu reichen von
fütterungsbedingten
Ursachen
über die Gruppenhaltung der Sau-
en (mehr Stress und mehr Kontakt
der Tiere untereinander) bis hin zu
einer Ausbreitung der Salmonel-
len über den Schweineverkehr.
Wochenblatt:
Was lässt sich jetzt tun?
Schulze-Horsel:
In dieser Situation
sind alle Beteiligten gefragt, die
Salmonellenbekämpfung konse-
quent fortzusetzen. Die Erfahrun-
gen bei der Betreuung betroffener
Landwirte in den vergangenen Jah-
ren haben gezeigt, dass die Salmo-
nellenbelastung in Mastbestän-
den, aber auch in Ferkelerzeuger-
betrieben wirksam reduziert
werden kann, wenn man systema-
tisch vorgeht und nicht vorschnell
aufgibt. Die Salmonellenverord-
nung legt bewusst die Verantwor-
tung in die Hand des Landwirts.
Der Betriebsleiter ist die entschei-
dende „Schaltstelle“, die aller-
dings von den anderen Beteiligten
unterstützt
werden
muss:
Salmonellenbekämpfung ist eine
Aufgabe, die alle betrifft, denen
der heimische Veredlungsstandort
wichtig ist!
Heinz Georg Waldeyer
Salmonellen: Nicht nachlassen
Seit Jahren arbeiten Landwirte, Tierärzte und Fleischverarbeiter an einer
möglichst niedrigen Salmonellenbelastung der Tierbestände und
Lebensmittel. Diese Bemühungen gilt es konsequent fortzusetzen.
In Deutschland funktioniert das
Salmonellen-Monitoring auf der
Grundlage von Fleischsaftproben.
Fotos: B. Lütke Hockenbeck, Waldeyer
Gut 4 % in Kategorie III
Anteil der Kategorie-III-Betriebe in
NRW im Zeitverlauf (in % aller bei QS
erfassten und kategorisierten Betriebe)
Quartal
Kategorie III in %
III/2010
5,93
IV/2010
2,25
I/2011
2,25
II/2011
2,10
III/2011
1,98
IV/2011
1,99
I/2012
2,27
II/2012
2,50
III/2012
3,63
IV/2012
4,28
I/2013
5,29
II/2013
5,50
III/2013
4,80
IV/2013
4,40
I/2014
4,40
II/2014
4,30
1,2 4,5,6,7,8,9,10,11,12
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